Als ersten „Feature“-Gast unseres neuen Podcast-Formats begrüßen wir Yassin. Bekannt geworden als eine Hälfte des Berliner Rap-Duos Audio88 & Yassin, war er letztes Jahr noch gemeinsam mit Audio88 – seinem misanthropischen Brudi from another Mother – beim DUDE Open Air in der Dresdner Innenstadt live zu erleben. Anfang des Jahres veröffentlichte der gebürtige Darmstädter mit deutsch-algerischen Wurzeln nun sein lang angekündigtes Solo-Debüt, das inhaltlich persönlicher und musikalisch offener – aber kaum weniger politisch ausfällt als das gemeinsame Werk mit Audio88. Zur Einstimmung auf seine Show während des diesjährigen Dave-Festivals, haben wir Yassin ein paar Fragen gestellt:
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Interview in Textform:
Hey- mein Name ist Yassin und ich spiele am 25.10. in Dresden in der GrooveStation im Rahmen des DAVE Festivals und meiner „Ypsilon“ Live Tour 2019.
Damit ihr mich und meine Musik besser kennenlernen könnt, hier ein paar Songs von mir und ein paar Antworten auf eure Fragen:
Nein Spaß. Darmstadt gewinnt wahrscheinlich.
Darmstadt oder Dresden – dann schon Darmstadt, weil ich da geboren und aufgewachsen bin. Dresden kenne ich fast nur von „innen“ also in den Clubs, in denen wie gespielt haben wie die Scheune oder GrooveStation. Ansonsten habe ich von der Stadt bisher noch nicht so viel gesehen. Ich weiß aber, dass es gutes, veganes Essen gibt und das gefällt mir. Verbindungen nach Darmstadt habe ich natürlich noch. Meine Familie ist zum Teil noch dort, ich habe viele Freunde dort und auch einige Erinnerungen an die Stadt und die Zeit dort. Sowohl positiv als auch negativ.
In Darmstadt war früher, also als ich da gelebt habe in meiner Jugendzeit und um die 20er rum, gab es dort eine sehr lebendige Live-und Rapkultur und eine sehr lebendige Clubkultur auch. Der Laden, der dafür hauptverantwortlich war, hieß damals 603qm. Das war eine alte Industriehalle, die von der Uni freigegeben wurde und dann vom Asta verwaltet wurde. Da hab ich auch gearbeitet damals als Veranstaltungstechniker und an der Theke und da gab es fast jeden Tag Programm. DJs, Salsa Abende, Live Konzerte und auch lange Clubnächte und das hat eigentlich auch die ganze Stadt belebt. Bzw. zumindest die Leute, für die das relevant war aber da waren schon ein paar Tausend und das hat dann auch andere Clubs ins Leben gerufen und die Konkurrenz erhört.
Die Halle musste leider irgendwann schließen und wurde abgerissen und das Clubsterben begann. Es gibt noch ein paar Läden aber nicht mehr so viele. Wenn ich mal da bin schaue ich mir das auch an aber das können andere sicher besser beurteilen, die da noch leben. Für mich hat es leider nicht mehr so die Vielseitigkeit und Intensität wie früher. Jetzt hat der Laden wieder eröffnet und heißt jetzt 806qm, ist wesentlich moderner, etwas anders aufgebaut, aber ich glaube das kann auf der kommenden Tour sehr cool werden.
Der Gig mit Audio88 & Yassin beim Dude im Dresden- daran kann ich mich noch gut erinnern. Wir hatten da mit was anderem gerechnet aber der Platz vor Ort mitten in der Innenstadt, der Eintritt war frei und wir hatten eine Menge Laufpublikum, das zusätzliche zu den Fans noch kam. Es gab so eine Art Strandbar und es war anders als sonst aber es hat eine Menge Spaß gemacht. Auf die Dresdner Fans ist auch immer Verlass- die Stimmung war ungebrochen obwohl nebenan irgendwelche Passanten ihre Füße im Pool abgekühlt haben, während wir gespielt haben. Ich finde auch Gigs außerhalb des Club- und Festivalalltags cool. Ich probiere auch grad mit meinem Soloprogramm immer mehr aus, habe zum Beispiel gerade in einer Theaterbar oder auch mal eine Akustik Session gespielt. ich bin immer Fan von Live- Musik egal ob man sie selbst performed oder zuschaut. Und deswegen bin ich immer offen neue Sachen zu probieren. Es macht einfach Spaß und ich finde, dass man an der Stelle am klarsten merkt, was die Musik mit den Menschen macht, die sie hören. Sonst ist man ja nicht dabei, wenn sie den intimen Moment haben, in dem sie das Album von einem hören und bei einem Konzert siehst du die Menschen währenddessen. Das macht natürlich was mit einem.
Zum einen verbindet mich mit Dresden die wirklich treue, stabile Fanbase, die auf jedem Konzert richtig Gas gibt. Wir hatten noch nie ein langweiliges Konzert in Dresden. Das ist in Leipzig genau so. Ich habe eh das Gefühl, dass die Leute in Ostdeutschland nochmal ungezügelter mit ihrer Stimmung umgehen auf Konzerten als im Rest des Landes. Und wir haben auch hier schon in frühen Tagen eine solide Fanbase gehabt, weil wir sehr klare Ansichten geäußert haben bzgl. politischen oder auch ideologischen Einstellungen und Strömungen in der Gesellstschaft, die hier einfach präsenter sind und die Leute im Alltag mehr beschäftigen als in Westdeutschland. Ich bekomme das natürlich auch mit. Berlin ist ja nicht weit weg und Dresden hat es einfach zu einer Sper- Spitze geschafft für „Den schlechten Ruf des Ostens“ bzgl. Rassismus, Rechtsradikalismus und vor allem nstitutionalisiertem Rassismus und Rechtsradikalismus. Es fällt schwer solche Städte nicht zu pauschalisieren aber ich bin froh, dass ich durch Tourneen oder Festivals immer wieder auch die Möglichkeit habe in Städte oder Regionen zu kommen und die von innen zu sehen und vor allem auch die Leute zu sehen, die trotz der Umstände eben krasse Sachen auf die Beine stellen, sich Mühe geben, dort das Gegenteil zu repräsentieren von dem, was in den Medien dominiert. So wie auch in Chemnitz, Leipzig oder auch in Cottbus als ich vor kurzem zum Campus Fest dort war. Das ist ein Privileg, welches vielen Leuten vorenthalten bleibt, die eben nicht die Möglichkeit haben, die Städte von innen zu sehen. Deswegen ist es eine doppelte Herausforderung, wenn man in solchen Städten lebt, nicht die Gesinnung der AFD oder „besorgten Bürger“ zu teilen und zum einen den Kampf im Inneren führt gegen diese Leute und dann auch noch den Kampf nach außen führt um vom Rest der Gesellschaft / dem Rest des Landes nicht aufgegeben zu werden. Ich habe leider für dieses Problem auch keine Lösung parat aber ich finde, dass alle Leute, die sich engagieren, die Konzerte in linken Häusern veranstalten oder Festivals wie das DUDE Open Air oder das DAVE Festival organisieren, dass diese Leute Solidarität und Respekt verdient haben und weitermachen sollten. Denn ich glaube das sind Möglichkeiten Botschafter zu gewinnen und die Hoffnung auch von außen zu empfangen, die vielleicht nötig ist, wenn es mal hart auf hart kommt oder Rückschläge zu verkraften sind. Jetzt hab ich etwas ausgeholt aber das Thema ist mir tatsächlich sehr wichtig.
Ich habe nie bewusst darüber nachgedacht, wie meine Künstler-Person nach außen wirken soll. Das ist vielleicht auch etwas dumm, dass ich das nicht gemacht habe aber auf der anderen Seite weiß ich gar nicht ob ich dazu in der Lage wäre mir so ein Image oder so eine Wirkungsweise zu überlegen, die ich dann aufrecht erhalten und pflegen muss und die dann vielleicht auch nicht so viel Abweichungen zulässt. Mein Album war ihm Vergleich zu den Sachen, die ich mit Audio88 vorher gemacht habe eine andere Facette meiner Persönlichkeit und meiner musikalischen Identität. Die ist aber nicht neu, die musste ich mir auch etwas herauspulen. Das was mir am bequemsten lag vorher, was ich über Jahre hinweg gemacht habe, was deswegen einfacher, weil ich es eben über Jahre hinweg gemacht habe. Ich heb auch immer wieder solo Songs gemacht und die waren auch schon immer anders als das, was wir zusammen gemacht haben aber sie waren eben immer nur Experimente. Jetzt wollte ich es eben wissen und habe daran gearbeitet, dass diese Facette an mir und meiner Musik so eindeutig und so klar definiert ist, dass ich damit glücklich bin und dass ich auch hoffentlich in 1 oder 2 Jahren damit glücklich bin. Bis jetzt ist alles gut und ich mag die Platte immer noch. Mir geht kein Song auf die Nerven oder so. Das war nicht immer so und ist für mich auch das Ergebnis davon, dass man Dinge zulässt, die einen sicher auch verletzlicher machen und intimer sind aber die auch einen anderen Ursprung haben als Emotionen wie Wut, Sarkasmus etc. Und ich glaube das ist genau der Punkt- dass man diese anderen Facetten an sich so tief in sich getragen hat so lange, dass man froh ist, dass die raus sind und man damit nun auch in seiner Musik arbeiten kann. Zumindest geht es mir so und ich merke, dass ich da keine Probleme, keine Identitätsprobleme mit einer öffentlichen Künstlerperson habe, die ich im privaten nicht sein kann. So gesehen war das die einzige Option: wenn ich da alleine stehe mit meinem Namen, wollte ich das genau so.
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